Lebensdaten: 3. Februar 1930 bis 4. April 2023
Interview vom Juni 2019:
Vor bald 90 Jahren wurde Walter Helbling in Gottlieben geboren. Zusammen mit seinen beiden Schwestern Anna und Berta verbrachte er die Jugendzeit im Haus „zur Sonne“ an der Aalgasse 3. Sein Vater Eduard hatte dieses Haus 1916 gekauft und als Bäckerei eingerichtet.
Nach dem Besuch der Primarschule in Gottlieben bei Lehrer Walter Brauchli und zwei Jahren Mitarbeit auf dem gegenüberliegenden Bauernhof von Konrad Egloff absolvierte Walter Helbling von 1948 bis 1951 seine Lehre in der Bäckerei Labhart in Steckborn. Es folgten Stellen in einer Bäckerei in Wil (SG) und in der Bäckerei Grundlehner in Weinfelden.
Im Alter von 23 Jahren trat Walter Helbling 1953 in den elterlichen Betrieb ein, welchen er zwei Jahre später übernahm. Im Jahre 1956 folgte die Heirat mit Louise Heer, von Wiechs am Randen, welche als Serviertochter im Restaurant Krone arbeitete. 1959 wurde Sohn Felix geboren.
Das Jahr 1960 brachte grosse Veränderungen. Einerseits wurde die Backstube umgebaut und ein neuer Ofen angeschafft und andererseits erfolgte eine erste Renovation des Riegelhauses aus dem Jahre 1720. Ab nun konnte Walter Helbling während 20 Jahren frisches Brot und Süssgebäck an die Schifffahrtsgesellschaft Untersee + Rhein liefern. Nach weiteren Renovationen 1968 und 1972 erstrahlte das schöne Riegelhaus an der Aalgasse wieder in altem Glanz.
Nach über 30 Jahren in der eigenen Bäckerei übergaben Walter und Louise Helbling – Heer im Jahre 1987 die Bäckerei an ihren Sohn Felix und Schwiegertochter Heike. Von seiner Tante Margrit Maier konnte Walter Helbling im gleichen Jahr die Lohstampfe übernehmen. Nach einer grösseren Renovation wurde die Lohstampfe zum neuen Zuhause. Hier lebte Walter Helbling während 30 Jahren bis November 2017. Nach Verkauf der Liegenschaft Lohstampfe zog der rüstige, hochbetagte Ur-Gottlieber im Februar 2018 ins Neutal nach Berlingen.
In seiner Freizeit war Walter Helbling einerseits seit Kindesbeinen passionierter Fischer und andererseits Fasnächtler mit Leib und Seele. Er gehörte dem Verein „Fasnachtsgesellschaft Rheineck“ an, welcher von 1956 bis 1961 bestand. Die Fasnachtsanlässe im Restaurant Rheineck galten als legendär, so u.a. mit August Meyer – Moser sel. in der Rolle des Till Eulenspiegels.
Am 12. September 1961 gehörte Walter Helbling zu den Gründungsmitgliedern der Fasnachtsgesellschaft „Gottlieber Schnoogge“ und gleichzeitig wurde er zu deren 1. Präsidenten gewählt. Im Jahre 1972 erfolgte die Umbenennung in „Guggemusig Gottlieber Schnoogge“. Seine „Regierungszeit“ endete nach 25 Jahren im Jahre 1986 – und es war mit seinen Worten gesprochen eine „höllisch barbarisch“ schöne Zeit. Für seine grossen Verdienste punkto „Gottlieber Schnoogge“ im Speziellen und punkto Fasnachts-Brauchtum im Allgemeinen wurde Walter Helbling 1992 zum Ehrenpräsidenten und Ehrenschnoogg der “Guggemusig Gottlieber Schnoogge” ernannt.
Anlässlich von Besuchen im Oktober 2017 in der Lohstampfe sowie im September 2018 und im Februar 2019 im Neutal Berlingen erlebe ich einen zufriedenen und kreativen Menschen. Walter Helbling geniesst den grandiosen Blick aus seinem Zimmer auf den Untersee, und er verbringt viel Zeit mit dem Malen von Bildern.
R.Seger