Phantasie
In Anlehnung an Karl May:
Wir nehmen historische Fakten und verquirlen sie mit viel Phantasie und schon ist
‘Der Silberschatz vom Tägermoos’ eine nicht alltägliche Geschichte!
Wir sind im Jahre 58 vor unserer Zeitrechnung. Auf dem schmalen Sporn der Endmoräne Konstanz — im Bereich der heutigen Niederburg — existiert eine Siedlung, ein sogenanntes Oppidum. Bewohnt wird es von Menschen vom Stamme der Kelten:
Helvetier!
Die berühmten Helvetier besiedelten unter anderem das schweizerische Mittelland und spielten dann später bei der Mythenbildung der Gründungsgeschichte auf dem Wege zur Schweizerischen Eidgenossenschaft eine wichtige Rolle.
Unser helvetisches Dorf in Konstanz also vernahm den Ruf des noch viel berühmteren Führers der Helvetier: Divico (* um 130 v.Chr ¦ + nach 58 v.Chr). Dieser Heerführer hatte in jungen Jahren den Römern eine blamable Niederlage beigebracht (107 v.Chr. — Schlacht bei Agen) und genoss darum enormes Ansehen und unglaublich viel Einfluss; bei den Helvetiern natürlich, nicht bei den Römern. Dieser Divico also liess verlauten, dass sich alle Helvetier bereit machen sollen, die Gegend zu verlassen. Er träumte vom gelobten Land, das er an den Gestaden des Atlantiks im Bordeaux-Gebiet wähnte.
Nicht alle hörten den Ruf des mächtigen Führers gerne und viele wären gerne geblieben. Die herrliche Gegend am Boden- und Untersee verlässt man ja bis heute nur unwillig. Aber Divico liess nicht locker, obwohl den Ältesten in unserem helvetischen Dorf klar war, dass die Römer das kaum zulassen würden, wollte doch Cäsar die Helvetier quasi als Puffer zwischen den kultivierten Römern im Süden und den Barbaren im Norden wissen.
Aus diesem Grunde verliefen die Vorbereitungsarbeiten zum Abzug zögerlich. Der reichste Mann im Oppidum glaubte nicht an einen dauerhaften Auszug und sammelte zwar sein Hab und Gut, vergrub aber seine Silbermünzen tief an einer Stelle im Tägermoos, von der er glaubte, sie sich gut merken zu können. Dazu peilte er Pappeln aus verschiedenen Winkeln und vergrub den Münzschatz tief und sicher!
Man könnte als Variante aber auch schreiben, dass er seine Münzen innerhalb des Dorfes vergraben hat. Aber weil ja weder das eine noch das andere wissenschaftlich gesichert ist, bleiben wir bei der wahrscheinlicheren Variante: Im Tägermoos vergraben!
Der Rest ist Geschichte!
Zitat aus Wikipedia:
58 v. Chr. führte Divico in hohem Alter die Helvetier nach Genf, wo Gaius Iulius Caesar sie zum Ausweichen nach Norden zwang. Nach einem römischen Überfall an der Saône führte Divico die Gesandtschaft an, die mit Cäsar verhandelte.
Cäsar überlieferte aus diesen Verhandlungen den Satz, dass die Helvetier keine Geiseln stellten, sondern gewohnt seien, solche zu nehmen, wie die Römer ja aus eigener Erfahrung wüssten. Mit diesem Bezug auf die Niederlage der Römer liess Divico die Verhandlungen scheitern, in denen Cäsar den Helvetiern gegen Stellung von Geiseln und Schadensersatzleistungen für angerichtete Plünderungen und Verwüstungen Friedensschluss angeboten hatte.
Kurz darauf wurden die Helvetier in der Schlacht von Bibracte vernichtend geschlagen; die Überlebenden zwang Caesar, in ihre Heimat zurückzukehren und ihre Dörfer wieder aufzubauen.
So kam es also, dass die Helvetier zurück und ihre Dörfer wieder aufbauen mussten.
Das Schicksal hatte es aber mit unserem reichen Mitbürger nicht gut gemeint: Zu Hause angekommen, konnte er seinen Schatz nicht wieder finden. Die Pappeln, die ihm zur Orientierung dienen sollten, waren frevlicherweise gefällt worden!
Er grub und pflügte das halbe Tägermoos um, fand nichts, verlor Einfluss und Verstand. Die Jugend trieb Schabernak mit ihm, spielte ihm manch bitterbösen Streich. So kam es, dass der ehemals reichste Mann im Dorfe zum Gespött der Leute wurde.
Fakten
Im April 2016 wurden im Tägermoos die ersten keltischen Münzen entdeckt.
Freiwillige (mit staatlicher Lizenz zum Suchen), ausgerüstet mit Metalldektoren, fanden im Folgenden insgesamt 50 keltische Münzen über ein paar hundert Quadratmeter verstreut. Alle waren sie von der gleichen Sorte bzw. Währung. Untersuchungen haben ergeben, dass sie einen Silbergehalt zwischen 85 und 96 % aufweisen und ein durchschnittliches Gewicht von 5.5 Gramm auf die Waage bringen.
Uns kommen die Funde komisch vor: Münzen sind doch plan. Gefunden wurden aber lauter kleine ‘Schüsseln’.
Warum das?
Wie haben zum Beispiel die Römer Münzen geprägt?
Soweit — sogut! Aber die römischen Münzen waren ja — wie die heutigen — eben, plan!
Bei den keltischen Münzen war der Unterseitenstempel schüsselförmig ausgearbeitet, der Oberseitenstempel kleiner und der Schrötling selber grösser als die Stempel.
So entstanden beim Prägen die aufgebogenen Formen.
Wir sehen auf die Aussenseite der ‘Schüssel’ und erkennen einen Männerkopf, der nach rechts blickt.
Ein Blick in die ‘Schüssel’ zeigt ein Gespann mit zwei Pferden und einem Lenker auf dem Wagen.
Münzen dieses Typs werden in der Fachwelt als helvetische Silberstatere bezeichnet. Helvetisch bezieht sich dabei auf die Fundorte, die meist in der Gegend liegen, die von Julius Cäsar als Wohnsitze der keltischen Helvetier angegeben wurden.
Der Silberschatz vom Tägermoos gehört zu den grössten und wichtigsten Fundkomplexen dieser Art in der Schweiz und in Süddeutschland. Ganz speziell ist, dass ein einziger sonst durchaus seltener Münztyp gefunden worden ist.
Ach ja, bliebe noch zu erklären, warum die Fundstellen auf etlichen hundert Quadratmetern verteilt liegen, wenn sie doch unser Urahn mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht gestreut sondern vielmehr schön zusammen und gezielt vergraben hat.
Das Tägermoos wird seit Jahrhunderten genutzt, beackert, bewirtschaftet. Wenn nun — einmal angenommen vor 1’000 Jahren — ein Bauer das Versteck umgepflügt hat, verteilte er die Münzen, die ja bereits rund 1’000 Jahre in der Erde gelegen haben und wegen Rost und Patina nicht mehr blinkten und klimperten, auf eine grössere Fläche.
Seine Nachkommen pflügten weiter und so weiter und so weiter!
Das nebenstehende Bild zeigt Münze Nr. 50 , die im Auffindungszustand belassen wurde, in einer s/w‑Aufnahme.
Fakten gibt es noch sehr viele, sehr interessante! Wer mehr wissen will, dem sei der Sonderdruck aus ‘Schweizerische Numismatische Rundschau 98, 2020’ empfohlen.
Die Broschüre diente auch dieser Seite als Quelle. Herzlichen Dank an die Verfasser:
Hansjörg Brem, Lorenzo Fedel, Eva Belz, Torsten Bogatzky, Livia Enderli, Urs Leuzinger
Ebenfalls durften Ansprachen von HJ Brem und Bildtafeltexte benutzt werden.
Bruno Sutter, Mai 2021