In den «Lebenserinnerungen» schreibt Ernst Kreidolf über seine Gotte:
«An einem schönen Nachmittag (1868) wurde ich dann zum Grossvater gebracht. Die Mutter schob das Kinderwägelchen vor sich her, in dem die kleine Emma und der noch kleinere Albert sassen, ich hopste vergnügt nebenher. Beim Grossvater wohnte noch die Gotte Mede, meine Taufpatin, die Schwester meines Vater und einzige Tochter. Sie war jung und hübsch und behandelte mich sehr zärtlich, so dass ich nicht viel an Heimweh nach Eltern und Geschwistern litt. … Die Gotte Mede war Braut. Ihr Bräutigam, der Steinhauer König, kam oft am Abend z’Liecht. … Bald wurde Hochzeit gefeiert. Die Abschiedsszene im Elternhaus der Braut ist mir noch deutlich vor Augen. Gotte Mede weinte, die Grossmutter schluchzte, was mir unverständlich war. Auf der Hochzeit selbst ging es dann sehr fröhlich zu. Bald merkte ich, dass dieses Ereignis nicht nur für die Grosseltern ein Verlust bedeutete, sondern auch für mich. Gotte Mede hatte bisher die ganze Pflege meiner kleinen Person unter sich gehabt. Sie wusch mich am Morgen, kämmte mich und richtete mich mit ihren zarten Händen liebevoll für die Kleinkinderschule her, gab sich viel mit mir ab; abends brachte sie mich zu Bett. Jetzt war sie auf einmal weg, und sie fehlte mir unsäglich. Ich hatte Heimweh nach ihr und weinte oft, besonders am Morgen, wenn ich aufwachte».
Rolf Seger, März 2023