Gottlieberstrasse 15 — Zur Rosenau im Winkel

Die Rose­nau im Win­kel hat schon Vie­les erlebt. Erbaut wur­de das Haus im frü­hen 17.Jahrhundert. Ursprüng­lich gehör­te es zur Unte­ren Müh­le. Im Par­terre waren lan­ge Zeit Pfer­de­stal­lun­gen, die ande­ren Räu­me dann wohl für Ange­stell­te vor­ge­se­hen. Der Dich­ter Ema­nu­el von Bod­man (1874–1946) leb­te eini­ge Jah­re (1902–1905) im Hau­se und war auch ein­mal Besit­zer der Lie­gen­schaft. Aller­dings nicht für lan­ge: Einen Tag nach Unter­zeich­nung des Ver­tra­ges trat er vom Kauf zurück und ent­rich­te­te soge­nann­tes Reue­geld. Was der Grund für die­sen Rück­zie­her war, kann man heu­te nicht mehr ein­deu­tig fest­stel­len. Wenn man aller­dings in Betracht zieht, dass sei­ne Ehe bald ein­mal geschie­den wur­de und dass die Ehe­frau – eine gebo­re­ne von Fabri­ce, damals Besit­zer von Schloss Gott­lie­ben – das Geld in die Ehe ein­ge­bracht hat­te, kann man getrost spe­ku­lie­ren, dass es bereits damals kräf­tig ‘kri­sel­te’. Die Lie­gen­schaft stell­te aber doch immer etwas Beson­de­res dar: 1828/29 wur­de prä­gend umge­baut und 1835–1866 wohn­te der Arzt Dr med Bap­tist Sau­ter in der Rose­nau. Den letz­ten Besit­zer­wech­sel erleb­te die Rose­nau 1978. In der Fol­ge wur­de sie fach­män­nisch und mit viel Lie­be zum Detail gründ­lich reno­viert und zum heu­ti­gen Bijou umgebaut. 

1979 — es gibt noch viel zu tun

2014 — ein Bijou

In den 1950iger Jah­ren gehör­te das Haus einem Hans G., der in St.Gallen leb­te. Klar, dass er sorg­fäl­tig Mie­ter such­te, so eine Lie­gen­schaft muss­te gepflegt und unter­hal­ten wer­den. Ein Glück, wenn man Mie­ter fin­det, die Sor­ge tra­gen und sich so ver­hal­ten, als sei es ihr Eigen. Weil aber Blut dicker als Was­ser ist, wur­de die Rose­nau dem Bru­der Eugen ver­mie­tet. Und damit begann das gros­se Lei­den: Eugen war offen­bar nicht an einem gere­gel­ten arbeit­sa­men Leben inter­es­siert. Im Est­rich der Rose­nau wur­den näm­lich Brie­fe des Besit­zers an sei­nen Bru­der ent­deckt, die auf­zei­gen, wel­cher Art Eugen war: Da wur­de der – fami­li­en­in­tern natür­lich tie­fe — Miet­zins nicht oder sicher ver­spä­tet ent­rich­tet, Unter­halts­ar­bei­ten gar nicht oder ledig­lich kurz vor Auf­tau­chen der Besit­zer rasch ober­fläch­lich aus­ge­führt. Ja nicht ein­mal den Obst­gar­ten schüt­zen und Mäu­se fan­gen woll­te oder konn­te der Bru­der. Lie­ber liess er im ‘Wil­den Mann’ Erma­tin­gen anschrei­ben. Die Wir­tin schick­te die Rech­nung, weil sie von Eugen nichts bekam, Hans nach St.Gallen.  Hans ver­such­te, über Eugens ‘Haus­häl­te­rin’ (heu­te wür­de man sagen: Lebens­ab­schnitt­part­ne­rin) Ein­fluss zu neh­men und sie zu bewe­gen, Eugen doch auf die Fin­ger zu schau­en und dafür zu sor­gen, dass ers­tens der Miet­zins regel­mäs­sig nach St.Gallen kam und zwei­tens der Bru­der kei­nen wei­te­ren Anlass zur Schan­de bot. Aber offen­bar erreich­te die gute Frau nichts, denn die fami­liä­ren Ban­de wur­den in der Fol­ge immer häu­fi­ger aufs äus­sers­te stra­pa­ziert. Da wur­de gehofft, gebe­ten, gemahnt, gedroht und gehofft, vor allem gehofft. Ver­mut­lich alles ver­ge­bens, denn wäh­rend der 5 Jah­re, aus denen die gefun­de­nen Brie­fe stam­men, lässt sich aber auch gar nie eine posi­ti­ve Ver­än­de­rung able­sen. Eher im Gegen­teil. Frau A., die Haus­häl­te­rin, hat von fol­gen­der Epi­so­de bestimmt auch nichts gewusst: Eugen war zwar arbeits­scheu aber offen­bar höchst phan­ta­sie­voll und elo­quent, wenn es dar­um ging, jeman­den hin­zu­hal­ten und ihm das Blaue vom Him­mel her­un­ter zu erzäh­len. Dabei muss er allet­hal­ben eine gute Figur abge­ge­ben haben. Anders ist es nicht zu erklä­ren, dass er in Kon­stanz eine Frau um den Fin­ger wickeln und sie um den Lohn ihrer Lie­bes­diens­te prel­len konn­te. Aller­dings hat er dabei in der Eile sei­nes Auf­bruchs sei­nen Pull­over lie­gen las­sen. Und offen­bar war damals die Dienst­leis­tung güns­ti­ger als der Sach­wert des Pull­overs, denn die Dame behielt den Pull­over ein und woll­te ihn erst wie­der raus­rü­cken, wenn die Schuld begli­chen sei. Ob Eugen sei­nem Pull­over je wie­der aus­ge­löst hat, lässt sich heu­te lei­der nicht mehr fest­stel­len. zurück
Wil­helm Hum­mel: Rose­nau in Täger­wi­len um 1904 ¦ Ölbild

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