Lebensdaten: 24. Mai 1949 bis 25. Februar 2023
Und immer hatte Robert ein aufmerksames Auge und ein gutes Gespür:
Nachruf seiner Freunde aus dem Amt für Archäologie
Ein Landwirt, der Karotten säte und Steinbeile erntete
Mit grosser Traurigkeit haben wir vernommen, dass Robert König am 25. Februar 2023 im Alter von 73 Jahren gestorben ist. Er war über Jahrzehnte freiwilliger Mitarbeiter des Amts für Archäologie Thurgau.
Unsere erste Begegnung war kurios, aber typisch für die Art von Robert König. Im Rahmen der geplanten Autobahnerweiterung der A7 von Schwaderloo Richtung Norden an die Landesgrenze führte ich im Frühling 1997 auf einem Feld nahe des Sportplatzes Tägerwilen eine Oberflächenprospektion durch. Auf dem Nachbarfeld säte ein Bauer Gemüse für die örtliche Biotta AG an. Es ging nicht lange und der grüne Traktor mit Fahrer näherte sich zielstrebig. Der Landwirt fragte mich höflich, was ich hier denn suche; ich erwiderte, archäologische Funde wie Steinbeile, Feuersteingeräte oder Keramikscherben. Er nickte und tuckerte kommentarlos davon. Eine Viertelstunde später fuhr der Bauer wieder vor, diesmal in einem klapprigen Kombi. Er winkt mich zu sich und öffnet die Heckklappe. Dort lagen drei Gemüsekisten: randvoll mit Steinbeilen! Schmunzelnd sagte Robert zu mir – wir duzten uns von Beginn an – ich suche am falschen Ort. Robert König war u.a. der Entdecker der grossen jungsteinzeitlichen Freilandfundstelle Tägerwilen-Underi Gottlieberwiese, wo er über die Jahre unzählige Steinartefakte aufgesammelt hatte. Die Steinbeile erspähte er direkt vom Traktor aus. Robert König war von Beginn weg der wichtigste Gewährsmann für die Archäologie in Tägerwilen, kannte er doch jeden Winkel und unzählige Geschichten seiner Gemeinde. Davon profitierte das archäologische Team unter der Leitung von Erwin Rigert während der Autobahngrabungen enorm.
Beeindruckend war seine Gastfreundschaft. Während der Sondiergrabung im Bereich der Gottlieberwiese im Jahr 2002 ging es nie lange, bis aus dem herbstlichen Nebel Robert auftauchte, unter dem Arm ein Korb mit Thermoskrug voll heissem Kaffee und daneben ein Fläschchen mit Selbstgebranntem. Stolz zeigte er uns auf seinem Hof auch immer wieder seine wohlgehütete, umfangreiche Sammlung steinzeitlicher Funde. Diese konnte 2014 im Rahmen einer Bachelorarbeit von Adrian Stäheli an der Universität Zürich wissenschaftlich bearbeitet werden.
Robert König engagierte sich zudem im Verein «Freunde der Ruine Castell». Ein Telefonanruf genügte, und man konnte auch ausserhalb der Öffnungszeiten den Turm dieser beeindruckenden Wehranlage aus dem Mittelalter besteigen. Nicht nur öffnete Robert die Gittertüre, nein, neben der Feuerstelle begrüsste er die Exkursionsschar durchnässter Lehrerinnen und Lehrer – richtig, mit heissem Kaffee und der obligaten destillierten Beilage …
In guter Erinnerung bleibt auch das Treffen aller freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 2008 in Tägerwilen, wo uns Robert als lokaler Guide voller Stolz die mehr oder weniger verborgenen kulturellen Schätze seiner Gemeinde zeigte, u.a. die Ruine Castell, den grossen Sandsteinkeller oder die Fresken aus dem 15. Jahrhundert mit den Heiligen Cosmas und Damian in der evangelischen Kirche von Tägerwilen.
Einmal konnten aber auch wir Robert helfen. Ein kleines Prospektorenteam suchte am 17. März 2018 auf einem Acker im Tägermoos nach keltischen Silbermünzen. Es ging nicht lange und Robert tauchte zu Fuss auf. Er hatte beim Wenden auf einem engen Feldweg sein Auto unglücklicherweise in einen kleinen Entwässerungsgraben manövriert. Mit vereinten Kräften gelang es der Amateur-Archäologenschar, die Karre ohne grösseren Flurschaden wieder flott zu machen.
Robert König war an zahlreichen Informantenanlässen mit von Partie, besuchte unsere Ausstellungsvernissagen und nahm an vielen öffentlichen Führungen teil. So trafen wir ihn auch am 9. Oktober 2021 auf dem Parkplatz der Insel Werd in Eschenz, wo das Archäomobil Ostschweiz an einem schönen Nachmittag stationiert war. Er holte einen Sandsteinknauer aus der Tasche, den er seinerzeit beim Bau des Bahnhofs Tägerwilen-Dorf entdeckt hatte. In diesem lag eingebettet ein über 14 Millionen Jahre alter, sehr gut erhaltener Langknochen eines kleinen Säugetiers aus der Oberen Süsswassermolasse, den er uns für die geologische Sammlung des Naturmuseums Thurgau übergab. Leider war dies das letzte Mal, wo wir uns persönlich trafen.
Nun ist Robert König also am 25. Februar 2023 verstorben. Gerne wiederholen wir das Zitat von Victor Hugo aus seiner Todesanzeige: «Du bist nicht mehr dort, wo du warst. Aber du bist überall, wo wir sind». Wir werden Robert König immer in bester Erinnerung behalten und danken ihm von ganzem Herzen für seine grosse archäologische Hilfe und Gastfreundschaft in seiner geliebten Gemeinde Tägerwilen!
Amt für Archäologie, Urs Leuzinger und Hansjörg Brem