Vom Schlachthaus zur Seegarage

Durch Zufall ist unser Ver­ein auf den fol­gen­den Arti­kel aus der Feder von Paul Bär (1924–2007) aus dem Jahr 1991 gestos­sen. Getreu unse­res Grund­sat­zes „Bär bleibt Bär“ aktua­li­sie­ren wir ihn. Damit das Ori­gi­nal erkenn­bar bleibt, ver­wen­den wir für alles Neue die­se blaue Schriftfarbe.

Ein Rückblick auf die Geschichte der Garage Zimmerli AG

Vor dem Ers­ten Welt­krieg wur­de zur Deckung des Fleisch­kon­sums noch Schlacht­vieh aus Polen und Ungarn in die Schweiz ein­ge­führt. Für die Schlach­tung des Import­viehs erbau­te die Metz­ge­rei-Genos­sen­schaft Kreuz­lin­gen und Umge­bung 1912/13 in Täger­wi­len bei der dama­lig neu­en heu­te ehe­ma­li­gen MThB-Sta­ti­on (Haupt­stras­se 123) ein Schlacht­haus mit Stal­lung und Gelei­se­an­schluss. Die­ses Gemein­schafts-Schlacht­haus, mit einem Walm­dach ver­se­hen, wur­de damals nach den neu­es­ten Anfor­de­run­gen des Kan­to­na­len Vete­ri­när­am­tes aus­ge­rüs­tet. Es dien­te den Metz­ger­meis­tern aus­schliess­lich zum Schlach­ten von Import­vieh.
Wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges wur­de der Import von Vieh aus dem Aus­land ein­ge­schränkt, so blieb das Schlacht­haus zeit­wei­se unbenutzt.

Unbe­kann­tes Mäd­chen ¦ im Hin­ter­grund das Schlacht­haus ¦ Auf­nah­me 1937

Schlachthaus wird verpachtet.

In einem Pacht­ver­trag vom 20.3.1924 wird das Schlacht­haus mit Gelei­se­an­schluss von der Metz­ge­rei-Genos­sen­schaft an den Kreuz­lin­ger Metz­ger­meis­ter Karl Gross, Fleisch­ex­port (heu­te Are­al ceha!, Haupt­stras­se 63) ver­pach­tet für die Benüt­zung zum Schlach­ten für den Eigen­be­darf. Die Gemein­de Täger­wi­len erhielt von Karl Gross wäh­rend der Zeit des Pacht­ver­tra­ges einen jähr­li­chen Bei­trag von Fr. 200.-. Im April 1927 wur­de der Pacht­ver­trag wie­der aufgelöst.

Spä­ter ging das Gebäu­de an Paul Roman und den ehe­ma­li­gen Lin­den­wirt Paul Spahn-König über. Das Schlacht­haus dien­te vie­le Jah­re dem Gemü­se­han­del und der Ein­la­ge­rung von Gemüse.

Im Jah­re 1940 erwarb Karl Aesch­ba­cher-Mei­er, Ober­stras­se Täger­wi­len, das ehe­ma­li­ge Schlacht­haus und eröff­ne­te in den Räu­men eine Spritz­la­ckie­re­rei und Sand­strah­le­rei. Wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges wur­den in einem Teil der Räu­me zeit­wei­se Mili­tär des Grenz­schut­zes einquartiert.

1945 ver­kauf­te Karl Aesch­ba­cher die Spritz­la­ckie­re­rei an die Fir­ma Agria AG. Die­se Fir­ma betrieb Han­del mit deut­schen Fabri­ka­ten: Hand­bo­den­frä­sen und land­wirt­schaft­li­che Klein­ge­rä­te. Nach eini­gen Jah­ren wur­de der Han­del, der nicht ren­tiert hat­te, auf­ge­ge­ben und das Gebäu­de stand eini­ge Zeit leer.

Das Schlachthaus wird zur Autogarage umgebaut

See­ga­ra­ge ¦ 1964

1954 ging die Lie­gen­schaft mit Wies­land bis zum Bahn­hof MThB  käuf­lich an A.Frei, Maschi­nen­han­del in Gos­sau SG über. Es erfolg­te der gros­se Umbau in eine Auto­ga­ra­ge mit dem Bau­ge­schäft Dütsch in Täger­wi­len. Das Walm­dach wur­de abge­ris­sen, über den Werk­statt­räu­men eine Woh­nung auf­ge­stockt und an der Ost­sei­te ein Wasch­raum mit Flach­dach ange­baut. Anfangs 1955 konn­te die Gara­ge in Betrieb genom­men werden.

Kur­ze Zeit spä­ter kamen die Gebrü­der Angi­le­ri von 1956–1961 als Besit­zer auf die See­ga­ra­ge. In der Nach­fol­ge wur­de Auto­me­cha­ni­ker Jud Besit­zer. Die­ser kam bald in finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten, und die Gara­ge wur­de geschlossen.

1962 konn­te Gui­do Zim­mer­li, gelern­ter Auto­me­cha­ni­ker und Fahr­leh­rer in Erlen, die See­ga­ra­ge käuf­lich erwer­ben. Am 1. Juni 1962 eröff­ne­te er den Gara­gen­be­trieb. Mit dabei war sein Arbeits­kol­le­ge und Freund, Jakob Koch,  den er in Erlen ein­fach abge­wor­ben und nach Täger­wi­len mit­ge­nom­men hat­te.
Mit der Geschäfts­er­öff­nung wur­de die Citro­ën-Auto­ver­tre­tung übernommen.

Guido Zimmerli ¦ 1977
Gui­do Zim­mer­li ¦ 1977
Köbi Koch ¦ kom­pe­tent und zuver­läs­sig ¦ Auf­nah­me 1990 ca.

Paul Bär schreibt ver­ein­facht:
Unter Zim­mer­lis Füh­rung und mit tat­kräf­ti­ger Unter­stüt­zung sei­ner Frau Eri­ka wur­de der klei­ne Betrieb stets der neu­es­ten Tech­nik ange­passt und im Lau­fe der Jah­re zu einer moder­nen Gara­ge wei­ter ausgebaut.

Kon­kret bedeu­tet die­ser Aus­bau, dass als ers­tes die Werk­statt süd­wärts bis zur Tank­stel­le erstellt (sie­he unten: Foto 1965)  und 1974 die gros­se Aus­stel­lungs­hal­le west­wärts ange­baut wur­de (sie­he noch wei­ter unten: Foto 1974).
Weni­ge Jah­re spä­ter wur­de die Mar­ken­ver­tre­tung von Mitsu­bi­shi über­nom­men. Dazu brauch­te es eine wei­te­re Hal­le, die eben­falls Rich­tung Bahn­hof Täger­wi­len MThB west­wärts ange­baut wur­de.

Selbst­re­dend muss­te der Per­so­nal­be­stand auf­ge­stockt wer­den. Denn nach wie vor zähl­te für das Unter­neh­men nur eines: Die Zufrie­den­heit der Kunden!

See­ga­ra­ge ¦ 1965

Nach dem Tode des Fir­men­grün­ders Gui­do Zim­mer­li 1983 ging die See­ga­ra­ge in eine Fami­li­en AG über.
Als geschäfts­füh­re­ren­des Ehe­paar arbei­te­ten Bru­no und The­re­se Mül­ler-Zim­mer­li jeden Tag sehr hart. Sie bei­de — und damit das gan­ze Team — alle hiel­ten den Grund­satz des Fir­men­grün­ders hoch:
Die Zufrie­den­heit des Kun­den ist das Wichtigste!

Seegarage ¦ 1974
See­ga­ra­ge ¦ 1974
See­ga­ra­ge ¦ 1991
See­ga­ra­ge ¦ 1993
See­ga­ra­ge ¦ 2005

Lei­der ergab sich fami­li­en­in­tern kei­ne Nach­fol­ge­lö­sung. Dar­um muss­te die Gara­ge schwe­ren Her­zens ver­kauft wer­den, als das Ehe­paar Mül­ler-Zim­mer­li pen­sio­niert wur­de.
Aus der See­ga­ra­ge wur­de in der Fol­ge 2014 die Gara­ge Imhof. Der neue Besit­zer betrieb die Gara­ge aller­dings nicht sehr lan­ge per­sön­lich. Er ver­pach­te­te sie bald, und ver­mie­te­te die Citro­ën-Hal­le 2018 an die Car­glanz AG, deren Inha­ber dann vier Jah­re spä­ter (2022) die gan­ze Lie­gen­schaft käuf­lich erwer­ben konnte.

Aktu­ell sind Tank­stel­le und Werk­statt wei­ter ver­mie­tet. In der Werk­statt wer­den kei­ne Autos mehr repa­riert. Aber es hat sich die inno­va­ti­ve, zukunfts­ori­en­tier­te Fir­ma 1000 Son­nen-Dächer Swiss AG instal­liert, und die Tank­stel­le wird von der Fir­ma ecostop betrieben.

Dezember 2024 ¦ B.Sutter
Quellen:
Protokolle der Metzgerei-Genossenschaft Kreuzlingen
Pachtvertrag Karl Gross
Kaufverträge Gemeinde Tägerwilen
Mündliche Überlieferungen von Konrad Frauenfelder sel., Karl Aeschbacher und Köbi Koch
Bruno und Therese Müller-Zimmerli
Mustafa Dalli

2 Antworten zu Vom Schlachthaus zur Seegarage

  1. Tobias Koch sagt:

    Sehr schö­ner Artikel.

    Dan­ke dafür, lie­ber Bruno.

    Ich wer­de mei­ne alten Bil­der mal durch­se­hen, viel­leicht fin­de ich noch ein paar tref­fen­de Photos.

    Tobi Koch

  2. Christa Baumgartner sagt:

    Ja, das waren noch Zei­ten, da erin­ne­re ich mich ger­ne daran.

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