An der Stelle des heutigen Gemeindehauses stand früher die Schmidsmühle, eine der 9 Mühlen auf Tägerwiler Boden. Ihre Ursprünge reichten bis ins 16. Jahrhundert zurück.

Im Gemeindehaus befinden sich zwei historisch interessante Zeitzeugen. Einerseits der „Mühli-Brief“ der Schmidsmühle aus dem Jahre 1825 und andererseits eine Kopie der kunstvollen Wappenscheibe aus dem Jahre 1629.
An dieser Stelle bedanke wir uns bei Gemeindepräsident Markus Thalmann, welcher auf den „Mühli-Brief“ aufmerksam gemacht hat und uns auch die Kopie der Wappenscheibe gezeigt hat.
Zudem geht der Dank auch an Peter Giger, Mitautor des Tägerwiler Buches von 1999, welcher beim Entziffern des „Mühli-Briefs“ behilflich war.
Quellen:
Hans Nater, „Die alten Mühlen im Thurgau“, 1971, Seite 24
Paul Bär, „Tägerwilen – Ein Blick in die Vergangenheit, 1988, Seite 96
Giger, König, Surber „Tägerwilen – Ein Thurgauer Dorf im Wandel der Zeit“, 1999, Seiten 140–142 und 200

Nro. 105 des Ehehaften — Registers,
Wir Landammann und Kleiner Rath des Kantons Thurgau
urkunden hiermit:
Dass, bey der in Gemässheit des dritten Abschnitts des Gesetzes vom
5ten Brachmonath 1822, von Uns verantstalteten allgemeinen Untersu-
chung der Ehehaften im hiesigen Kanton
der Herr Johann Konrad Egloff
als Eigenthümer der mit der Haus — Nummer 43, bezeichneten sogenannten
Schmids — M ü h l e zu Tägerweilen
im Munizipalbezirk Tägerweilen, und Amtsbezirk Gottlieben,
sich über die besizende Rechtsame zu diesem Gewerbe
durch hoheitlichen Confirmations Brief d.d. 19 ten July 1763,
vollständig ausgewiesen habe; und dass demnach der gedachte Gewerb
in seinem dermahligen Bestand, nämlich:
zu 2 Mahlgängen
“ 1 Muesmühle mit zwey Wasserrädern,
“ 1 Kernrölle
“ 1 Oelmühle
förmlich anerkannt seye, um fernerhin unter den Bedingnissen, die je-
weils das Gesetz vorschreiben wird, und gegen Entrichtung einer jährlichen Recognitions — Gebühr von fl. 1.- sowie eines Wasserzinses von
fl. 1.36 kr. betrieben werden zu können.
Kraft gegenwärtiger Bestätigungs — Akte, welche mit Unsern gewohnten
Unterschriften, und mit dem Standes — Siegel versehen ist.
Gegeben Frauenfeld den 6 ten May 1825
Der Landammann,
Präsident des Kleinen Raths,
J. Morell
Der Staatsschreiber,
Müller
Mühli-Brief der Schmidsmühle von 1825
Urkunde von 1825 – im Gemeindehaus Tägerwilen
Erklärungen:
Ehehaften
Wikipedia: seit Spätmittelalter konzessionspflichtige Gewerbe wie Dorfwirtschaften, Tavernen, Mühlen, Schmied und Bad
Johann Konrad Egloff
Gemeindeammann (1816–1831), Müller und Statthalter
Confirmationsbrief
Bestätigung, Bekräftigung
Mühle hatte:
2 Mahlgänge, 1 Muesmühle, 1 Kornrelle, 1 Oelmühle
Recognitionsgebühr
für Tavernen, Wasserräder, Wasserleitungen etc.
Namen
im 16. Jahrhundert: Bommermühle – Familie Bommer
im 17. Jahrhundert: Leonhardsmühle – Leonhard Müller
im 18. Jahrhundert: Schmidsmühle – Leonhard Schnabel, Schmied
Besitzer
seit 1946 im Besitze der Gemeinde Tägerwilen – darin:
- erste Gemeindekanzlei ab 1946
- Polizeiposten im 1. Stock
Abbruch im Jahre 1965 und Neubau heutiges Gemeindehaus 1967
Kopie der Tägerwiler Wappenscheibe

Original im Historischen Museum Thurgau in Frauenfeld
Kopie im Gemeindehaus Tägerwilen
Erschaffer des Originals: Hieronymus Spengler (1589 – 1635) aus Konstanz

Mitte ein schwebender Engel mit seitlich davon biblischen Szenen
- links der über die Felder gehende Sämann (Hinweis auf Ackerbau)
- rechts zwei Kundschafter von Kanaan mit riesiger Traube (Hinweis auf Rebbau)
Zentrum über und unter Engel
- den Wald symbolisierend, ein Vogel, Äpfel und Eicheln

Im Zentrum das Wappen mit einem „Degen“ sog. Kurzschwert bzw. Schweizerdegen
Mitte seitlich die Tägerwiler Kirchenpatrone Kosmas und Damian
links Kosmas mit Uringlas, das ihn als Arzt kennzeichnet
unten links Wappen mit Pflugschar
Im Zentrum das Wappen mit einem „Degen“ sog. Kurzschwert bzw. Schweizerdegen
rechts Damian mit Salbenbüchse und Spachtel, die ihn als Apotheker ausweisen
unten rechts Wappen mit Rebmesser

Wie der Kanton Thurgau in den Besitz dieser Wappenscheibe gelangte und welches die Bedeutung dieses handwerklichen Schmuckstücks ist, erfährt der geneigte Leser, die interessierte Leserin im 15. Kapitel „Die Lebensgrundlagen“, ab Seite 140.
Quelle
Giger, König, Surber „Tägerwilen – Ein Thurgauer Dorf im Wandel der Zeit“, 1999, Seiten 140 — 142
Das Original und die Kopie
Grundsätzlich zeigen Original und Kopie die gleichen Inhalte.
Die kleinen Unterschiede sind dennoch bemerkenswert.
Bis jetzt ist die Entstehung der Kopie immer noch ungeklärt.
Kann jemand weiterhelfen, dieses Geheimnis zu lüften? Das wäre grossartig!



Kosmas und Damian — Eine schöne Legende
Die frühchristlichen Zwillingsbrüder Kosmas und Damian waren der Legende nach Heilkundige, die Kranke unentgeltlich behandelten und viele von diesen zum Christentum bekehrten. Sie werden als Heilige verehrt.
Der seit dem Ende des vierten Jahrhunderts in Aleppo und seit Anfang des fünften Jahrhunderts in Konstantinopel auftauchenden arabischen Legendenfassung zufolge waren Kosmas und Damian Kinder einer christlichen Mutter.
Kosmas und Damian sollen als Ärzte in Aigeai in Kilikien (im Süden der heutigen Türkei) tätig gewesen sein.
Ihnen gelang angeblich sogar eine Beintransplantation, nämlich der Ersatz eines verfaulten Beines eines weissen durch das eines verstorbenen schwarzen Menschen.
Sie überlebten unversehrt alle Versuche des römischen Präfekten Lysias, sie im Rahmen der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian zu ertränken, zu verbrennen sowie mit Steinen und Pfeilen zu töten und erlitten erst in der darauf folgenden Enthauptung das Martyrium.
Quelle: nach Wikipedia
In der Schweiz ist neben Tägerwilen nur noch eine weitere Kirche diesen beiden Patronen geweiht. Sie steht in Mon, oberhalb von Tiefencastel (GR).
Rolf Seger und Bruno Sutter, April 2021